Ein Mädchen mit geflochtenem Haarzopf sitzt auf einer grünen Wiese und pustet eine Blüte Löwenzahn.
News

Biodiversität über den Tellerrand

Quelle: pixabay © Bessi

Die biologische Vielfalt von Tieren und Pflanzen ist weltweit bedroht. Mit ihrem großen Einfluss auf den Agrar- und Ernährungssektor ist auch die Außer-Haus-Verpflegung ein wichtiger Hebel, negative Umwelteinflüsse auf die Biodiversität zu verringern. Wie Großküchen die Auswirkungen ihrer Menüwahl erfassen können, hat das wissenschaftliche Projekt BiTe erarbeitet.

Das Projekt BiTe (Biodiversität über den Tellerrand) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Forschungsprojekt. Ein Konsortium aus mehreren Universitäten, Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten (u. a. Hochschule Osnabrück, Technische Universität Berlin, Fachhochschule Münster, Institut für Nachhaltige Ernährung, Wuppertal Institut) ist gemeinsam mit Praxispartnern der Frage nachgegangen, ob sich Biodiversitätsauswirkungen in der Außer-Haus-Verpflegung auf Speisenebene anhand geeigneter Ansätze quantifizieren und optimieren lassen. Zu den Praxispartnern gehörten drei Großküchenbetriebe aus den Verpflegungssegmenten Business und Education, die täglich bis zu 1.800 Menschen in Betrieben, Kitas und Schulen versorgen.

Entwicklung eines Bewertungstools für Biodiversitätsauswirkungen

Die Wissenschaftler*innen entwickelten auf Basis von Sekundäranalysen und leitfadengestützten Expert*innen-Interviews ein standardisierbares Bewertungsschema für Biodiversitätsauswirkungen auf Speisenebene. Bei der konzeptionellen Erarbeitung des BiTe1-Biodiversitätsindex (BBI) konzentrierten sich die Fachleute auf die intensive Landnutzung als Hauptverursacher von Diversitätsverlusten. Anschließend erprobten sie die Integration des BBI in die betrieblichen Abläufe der Großküchen. Die Erprobungsphase beinhaltete die Schulung der Praxispartner, die Optimierung ausgewählter Rezepturen sowie die Zubereitung und Ausgabe der optimierten Gerichte.

Biodiversitätsauswirkungen ausgewählter Rezeptkategorien

Die Bewertungen machten es möglich, den potenziellen Artenverlust pro Zutat sowie kumuliert für ein gesamtes Gericht darzustellen. Als weiteren Indikator berechneten die Wissenschaftler*innen den Carbon Foodprint (CO2-Belastung) der Speisen. Fleischgerichte schneiden bei beiden Indikatoren überwiegend als nicht empfehlenswert ab. Auch vegetarische Speisen weisen aufgrund der tierischen Zutaten (Milch, Käse, Ei) sowohl eine hohe CO2- als auch Biodiversitätsbelastung auf. Vegane Speisen zeigen sich nur hinsichtlich der CO2-Belastung als empfehlenswert, nicht jedoch mit Blick auf den BBI. Hier vermuten die Wissenschaftler*innen eine höhere Biodiversitätsdichte innerhalb der Anbauländer der pflanzlichen Zutaten.

Erste Empfehlungen für biodiverse Rezepturen

Aus der Rezepturbewertung leiteten die Wissenschaftler*innen erste Empfehlungen für die Zusammenstellung biodiverser Rezepturen ab. Die Zutatenwahl ist eine wichtige Stellschraube:

  • Herkunftsländer beachten: Anbauregionen mit hoher Artendichte sollten gemieden werden. Neben tropischen Zonen zählt dazu beispielsweise auch der Mittelmeerraum, der vorwiegend zum Gemüseanbau genutzt wird.
  • Tierische Zutaten vermeiden, vor allem Fleisch: verursachen durch den Anbau von Eiweißfuttermitteln (vor allem Soja) hohe Auswirkungen.
  • Pflanzliche Zutaten mit besonders hohen Auswirkungen nur in geringem Maße einsetzen: z. B. Olivenöl, Kokosöl, Kokosmilch und Palmöl. Ebenso stellen Gewürze wie echte Vanille und je nach Herkunftsland auch Pfeffer prekäre Zutaten dar.

Fazit: Optimierungspotenziale entdecken

Die Ergebnisse zeigen, dass der BBI ein geeignetes Instrument darstellt, um die Thematik des Biodiversitätsschutzes in die Praxis zu bringen, indem er Anregungen schafft, Optimierungspotenziale zu entdecken. Zugleich besteht aber weiterer Forschungsbedarf, um ein umfassenderes Bild der Auswirkungen zu erhalten und auf Rezepturebene erfassbar zu machen. Deutlich wurde bereits, dass die CO2-Berechnung von Lebensmitteln nicht allein die Bewertung von Umweltauswirkungen abdecken kann. Dies habe die vergleichende Bewertung gerade bei vegetarischen und veganen Rezepturen ergeben. Auch halten die Wissenschaftler*innen fest, dass die Biodiversitätsbewertung den Einsatz bestimmter pflanzlicher Lebensmittel in ein neues Licht rückt. Besonders Öle und Fette wie auch Hülsenfrüchte zeigten starke Auswirkungen. Da Hülsenfrüchte in der fleischarmen Kost wichtige Proteinquellen darstellen, die nicht aus der Gemeinschaftsverpflegung wegzudenken sind, bestehe hier noch weiterer Forschungsbedarf zu biodiversitätsschonenden Alternativen. Auch braucht es mehr Transparenz in der Herkunfts- und Sortenkennzeichnung sowie breitere Auswahlmöglichkeiten, um den Großküchen entsprechende Handlungsspielräume zu ermöglichen.

Nutzbar ist der BBI mit Abschluss des Projektes über das bereits bestehende Bewertungstool NAHGAST, mit dem interessierte Küchenbetriebe anhand verschiedener Umweltindikatoren ihre Speisen bewerten und optimieren können.

Lesenswertes zur News

Quellen