Zwei junge Mädchen sitzen auf der Straße und unterhalten sich.

Aus den Vernetzungsstellen: Katharina Kutzner und Beatrice Schletzke

Quelle: pixabay © Pezibear

Das NQZ im Gespräch mit Katharina Kutzner (Bild links), Leiterin der Vernetzungsstelle Kitaverpflegung Mecklenburg-Vorpommern und Beatrice Schletzke, Leiterin der Vernetzungsstelle Kitaverpflegung Thüringen. Das Interview wurde im Juli 2021 geführt.

Welchen Bezug hat Ihre Tätigkeit zum Thema Ernährungsbildung?

Beatrice Schletzke:

In der Vorbereitung zu unserem Gespräch haben wir spontan gedacht, dass wir eigentlich gar nicht so viele Anknüpfungspunkte zur Ernährungsbildung haben, weil wir uns vorrangig mit der Verbesserung der Verpflegung in den Einrichtungen befassen. Aber dann haben wir festgestellt, wie viel wir davon – fast nebenbei und eher automatisch – schon mitbedienen. Als Ernährungswissenschaftlerinnen geht unser Blick natürlich immer zuerst auf den Teller und weniger auf die Pädagogik drumherum.

 

Katharina Kutzner:

Im Grunde verknüpft sich vieles automatisch, die Ernährungsbildung kommt mit der Zeit zu unserer Arbeit dazu. Wir kümmern uns zuerst um die Verbesserung der Verpflegung, dabei steht die Ernährungsbildung zwar nicht im Fokus, aber es geht auch nicht ohne. Essen ist immer auch Bildung. Das ist essentiell.

Wie binden Sie dennoch Ernährungsbildung in Ihre Arbeit ein?

Katharina Kutzner:

Wir machen in Kitas z. B. Speisenplan-Checks. In den Beratungen zu den Ergebnissen kommen immer wieder auch Fragen auf, wie ein Umgang mit den Kindern beim Essen gestaltet werden kann. Uns ist wichtig, die Multiplikator*innen für Ernährungsbildung zu sensibilisieren, weil wir selbst das Thema nicht ausreichend bedienen können. Unser Auftrag hat einen anderen Schwerpunkt. Punktuell und im Rahmen von Aktionen gehen wir in die Kitas und führen kleinere Lerneinheiten durch. Wir vernetzen die Kitas untereinander und sorgen dafür, dass die pädagogischen Fachkräfte von ihren Erfahrungen gegenseitig profitieren können. Und wir geben immer wieder Denkanstöße.

 

Beatrice Schletzke:

Ernährungsbildung braucht eine grundsätzliche Verankerung. Eigentlich muss das schon im Mutterleib beginnen und sich wie ein roter Faden durch das Leben ziehen. Je früher, desto besser, in der Schule ist es fast schon zu spät. In Kitas haben häufig andere Bildungsbereiche höhere Prioritäten, das Zeitbudget ist oft eng oder der Personalschlüssel knapp. In Thüringen hat das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz  für die mehr als 1.300 Kitas die Kita-Ideen Box „Entdecke die Welt der Lebensmittel mit Krümel & Klecksi“ angeschafft und uns damit beauftragt,  diese zu verteilen. Wir haben festgestellt, dass wir den pädagogischen Fachkräften eine Anleitung zum Einsatz geben müssen, sonst bleibt die Box eher im Regal stehen. Wir geben kleinschrittige Tipps, wie die Ideen der Box unkompliziert in den Alltag eingebunden werden können.

Was ist Ihr Ratschlag für Kitas, die die Verpflegung verbessern möchten?

Beatrice Schletzke: 

Jede Kita muss für sich schauen, was im Rahmen ihrer Möglichkeiten machbar ist. So unterscheiden sich ländlich geprägte Kitas von denen im städtischen Raum. Grundsätzlich empfehlen wir, alles zum Thema Essen und Trinken in einem Verpflegungskonzept zu verschriftlichen. Das kann ein fortlaufendes Dokument sein, das sich ständig weiterentwickelt und von allen getragen wird. Auch Kleinteiliges findet dort Platz, wie z. B. der Umgang mit Süßigkeiten. Das ist sehr hilfreich für alle Beteiligten, so auch für neue Mitarbeiter*innen. Wir begleiten die Einrichtungen, die ein Verpflegungskonzept erstellen wollen, moderieren solche Prozesse und vermitteln auch bei unterschiedlichen Meinungen.

 

Katharina Kutzner:

Wir empfehlen zudem, einen Verpflegungsrat einzurichten, mit Mitgliedern aus jeder Akteurs-Gruppe. Der Rat sollte sich regelmäßig treffen und über die Verpflegung und das Ernährungslernen sprechen. Besondere Fälle oder Fragestellungen können auch auf Elternabenden thematisiert werden. Eine wichtige Grundlage der Arbeit aller Vernetzungsstellen ist natürlich der DGE-Qualitätsstandard, den wir den Kitas näherbringen.

Welche Strukturen können helfen, Ernährungsbildung stärker zu verankern?

Beatrice Schletzke:

Mir fehlt das Thema in den Bildungsplänen für Kitas und Schulen. Wir müssen Ernährungsbildung größer aufgreifen, vor allem muss es in der pädagogischen Ausbildung stärker verankert werden. Pädagogische Fachkräfte müssen entsprechende Kenntnisse und Kompetenzen von Beginn an in die Kita mitbringen. Die Vermittlung dieser Kenntnisse können wir als Vernetzungsstelle nicht leisten.

 

Katharina Kutzner:

Das Thema muss außerdem vielfältig von allen Seiten bedient werden, dabei müssen alle Akteure an einem Strang ziehen. In Mecklenburg-Vorpommern arbeiten wir auch mit anderen Institutionen zusammen, die sich das Thema „Ernährung und Verpflegung“ auf die Fahnen geschrieben haben, so zum Beispiel mit den fördernden Ministerien oder der Verbraucherzentrale. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung werden regelmäßig neue Ideen entworfen, um das Thema auch gestärkter ins Land zu tragen.  So haben wir die landesweite Bildungskonzeption für Kinder von 0 bis 10 Jahren diskutiert und erstmalig die gesunde Ernährung etablieren können. Dies sehen wir als Chance, weil das Thema auf diese Weise besser im Alltag der pädagogischen Fachkräfte platziert ist.

Was können Kitas in dieser Hinsicht leisten?

Katharina Kutzner:

Es kommt auf die kleinen Erfolge an! Es muss nicht unbedingt die klassische Lerneinheit sein, Ernährungsbildung findet meistens alltagsintegriert statt. Viele Fachkräfte handeln nach dem Motto „ganz oder gar nicht“. Dabei kann schon beim Spazierengehen die heruntergefallene Pflaume auf dem Boden mit den Kindern angesprochen werden.

 

Beatrice Schletzke:

Viele Pädagog*innen denken beim Thema Ernährungsbildung viel zu weit. Kinder saugen wie Schwämme alles um sich herum auf. Deshalb können schon Kleinigkeiten wie kurze Gespräche bei Tisch wertvolles Ernährungslernen sein.

Was ist Ihre Motivation, sich im Gute-KiTa-Netzwerk des NQZ zu engagieren?

Beatrice Schletzke:

Als Vernetzungsstelle profitieren wir sehr von diesem Austausch. Es ist manchmal von außen schwer greifbar, was die Vernetzungsstellen im Einzelnen leisten. In diesem Netzwerk können wir den unterschiedlichsten Akteuren unsere Arbeit vorstellen. Und die wiederum können uns als wichtigen Akteur wahrnehmen. So können wir Prozesse besser voranbringen.

 

Katharina Kutzner:

Wir wollen die Verpflegung in Kitas verbessern. Mich motiviert die Mitarbeit im Gute-KiTa-Netzwerk, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei spielt auch die Ernährungsbildung eine große Rolle, die wir über diese Mitarbeit stärken können. Vor dem Hintergrund, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Gelder aus dem Topf des Gute-KiTa-Gesetzes für kostenfreie Kita-Plätze eingesetzt wurden, ist das Netzwerk besonders wertvoll. Mit unserer Mitarbeit können wir so auch andere Bereiche mitdenken.

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