Mehrheitlich versorgen Kindertagespflegepersonen die Kinder mit Mittagessen, häufig auch mit Frühstück und Zwischenmahlzeiten. Sie übernehmen nicht nur die Zubereitung der Mahlzeiten, sie organisieren auch den Einkauf und gestalten die Ess-Situationen. Alles findet meist gleichzeitig zur Betreuung statt.
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Ernährungssituation von Kindern
In der Kindertagespflege werden mehrheitlich Kinder unter drei Jahren betreut (85 %). Wie sich die Ernährung von Kindern in diesen ersten Lebensjahren darstellt, zeigen verschiedene Studien.
In den ersten Lebensmonaten ist das Stillen eine Ernährungsform, die genau auf die Bedürfnisse des Kindes eingestellt ist. Die Stillquote von Kindern in Deutschland, die bis zum Alter von 4 Monaten ausschließlich gestillt werden, ist mit 56 % hoch. (6) Beikost wird entsprechend wissenschaftlicher Empfehlungen überwiegend im empfohlenen Zeitfenster zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat eingeführt. Selbstständiges Essen fester Nahrung mit den Fingern praktizieren etwa 20 % der Säuglinge im Alter von 6 Monaten und 80 % im Alter von 12 Monaten. Bei der Auswahl zusätzlicher Getränke steht Leitungswasser an erster Stelle. Lebensmittel der Familienernährung erhalten drei Viertel der Säuglinge im Alter von 12 Monaten. Innerhalb des ersten Lebensjahres ernähren 95,7 % der Mütter ihr Kind omnivor, 3,6 % verzichten auf die Gabe von Fleisch und 0,7 % bieten ihrem Kind keine tierischen Lebensmittel an. (6)
Bei Kindern im Alter von sechs Monaten bis einschließlich fünf Jahren zeigt die Kinder-Ernährungsstudie zur Erfassung des Lebensmittelverzehrs (KiESEL), dass die Mehrheit der Kinder (91,2 %) keiner besonderen Diät oder Ernährungsweise folgt. 0,4 % der Kinder werden vegan ernährt, weitere 0,8 % vegetarisch. 2 % der Kinder essen halal. (3) Kinder dieser Altersgruppe verzehren zu wenig Getreideprodukte sowie zu wenig Obst und Gemüse. Dagegen essen sie zu viel tierische Lebensmittel wie Fleisch und Wurst und zu viel Süßigkeiten. Kleinkinder trinken deutlich weniger als empfohlen, darüber hinaus trinken sie zu viele gezuckerte Getränke. (4)
Zur Bewertung der Ernährungssituation insbesondere von Kleinkindern bedarf es weiterer Forschung.
Übergewichts- und Adipositasprävalenzen
Für Kinder unter drei Jahren liegen keine repräsentativen Daten zu Übergewichts- und Adipositasprävalenzen vor. Die bundesweite Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) zeigt Prävalenzen für Kinder im Alter ab 3 bis 17 Jahren. In der Altersgruppe der Kinder zwischen 3 und 6 Jahren sind 9 % übergewichtig, darunter 2 % adipös. Ein Vergleich mit früheren KiGGS-Erhebungen (2003 - 2006, 2014 - 2017) zeigt, dass die Übergewichts- und Adipositasprävalenzen insgesamt und in allen Altersgruppen auf einem hohen Niveau stabil geblieben sind. (5) Die Analyse von Gesundheitsdaten versicherter Kinder bei Krankenkassen lassen höhere Adipositasraten auch bei Kindern unter drei Jahren vermuten. (9) Die Folgen sind sowohl psychischer als auch körperlicher Natur: Kinder mit Übergewicht und Adipositas haben im Vergleich zu normalgewichtigen Gleichaltrigen ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Störungen des Fett- und Glucosestoffwechsels. Sie entwickeln auch häufiger im Erwachsenenalter Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem sind Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen mit einer Reduktion der Lebensqualität und mit einem höheren Risiko für Mobbing verbunden (5).
Was kann Kindertagespflege leisten
Mit Essen und Trinken in der Kindertagespflege zur Prävention und Gesundheitsförderung beitragen
In der Kindertagespflege werden Kinder in familienähnlichen Strukturen betreut und gefördert. Kleine Gruppen mit bis zu fünf Kindern ermöglichen eine intensive Betreuung durch die Kindertagespflegeperson. Sie begleitet die Kinder in ihrer körperlichen, geistigen und emotionalen Entwicklung. Gerade Kleinkinder brauchen stabile Beziehungen als vertrauensvolle Basis für gesundes Aufwachsen. Das gilt auch für das Essen und für das Ernährungslernen. Neben dem Elternhaus übernehmen Tagesmütter und Tagesväter in dieser Hinsicht eine große Verantwortung, sowohl für die Versorgung mit Nahrung und Getränken als auch für die Entwicklung des Essverhaltens.
Bildungsort Esstisch – Vorbildwirkung enger Bezugspersonen
Je kleiner die Kinder sind, desto weniger Erfahrung haben sie mit Lebensmitteln. Aber umso sensibler sind sie in ihren Wahrnehmungen. In der Heranführung an alles, was mit Essen einhergeht – Aussehen, Geschmack, Geruch von Lebensmitteln, Kauen oder Körpergefühl beim Essen, liegt eine große Verantwortung der Erwachsenen. Weil Kinder vor allem durch Beobachtung und Nachahmung lernen, wird die Rolle der Kindertagespflegeperson als enge Bezugsperson besonders bedeutsam. Ihr eigenes Essverhalten und ihr Umgang bei der Vorbereitung, Gestaltung und Begleitung der Mahlzeiten, bei der Auswahl der Speisen oder bei der Assistenz beim Essen beeinflussen das Kind maßgeblich in seiner Entwicklung zum Essen und Trinken (1).
Pflanzenbasierte Mahlzeiten als Chance
Auch prägen sich von Anfang an Einstellungen zum Umgang mit Lebensmitteln und zu ihrer Wertschätzung. Die menschliche Ernährung hat einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der Treibhausgasemissionen. Von globaler Ressourcenknappheit und den schon jetzt spürbaren Folgen des Klimawandels sind Kinder als vulnerable Gruppe meist am stärksten betroffen. Ein Grund mehr, schon kleinen Kindern ökologisch verantwortliches Handeln näherzubringen. Dazu können Tagesmütter und Tagesväter das Potenzial eines gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Verpflegungsangebots nutzen. Insbesondere pflanzenbasierte Speisen helfen dem Klima und auch der Gesundheit. Sie bestehen zu einem überwiegenden Anteil aus Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten sowie Nüssen und pflanzlichen Ölen und werden durch Lebensmittel tierischer Herkunft wie Milch und Milchprodukte ergänzt.
Die Mahlzeiten in der Kindertagespflege bieten zudem vielfältige Bildungsanlässe. So lassen sich Kinder gern für die Natur und deren Zusammenhänge begeistern. Ihre Partizipation an der Zubereitung von Mahlzeiten oder am Einkauf von Lebensmitteln ermöglichen ihnen wertvolle Lernerfahrungen.
Herausforderungen aus Sicht der Kindertagespflege
Kindertagespflegepersonen stehen in ihrem Berufsalltag vor vielfältigen Herausforderungen: Sie müssen alle anfallenden Aufgaben sowohl für Betreuung und Bildung als auch für die Verpflegung in aller Regel allein bewältigen. In der Grundqualifizierung, die Voraussetzung für die Pflegeerlaubnis durch das Jugendamt ist, werden Tagesmütter und Tagesväter vorwiegend auf ihre selbstständige Tätigkeit sowie auf die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in den ersten drei Lebensjahren vorbereitet. (7) Qualifizierungs-Inhalte zur Gestaltung der Mahlzeiten werden eher aus Hygieneaspekten thematisiert.
In einer landesweiten Befragung zum Ess-Alltag in der Kindertagespflege in Niedersachsen bewerteten rund zwei Drittel der Befragten im Hinblick auf die Verpflegung die Vor- und Zubereitung der Speisen im Betreuungsalltag als die größte Herausforderung (67,7 %), gefolgt von der Zufriedenheit der Kinder (38,2 %) und der Speiseplanung (34,5 %). Zu den weiteren Herausforderungen zählten neben dem Umgang mit „schwierigen Essern“ die Faktoren „Zeit“, „Planung“ und „Endreinigung“. Nur etwa 8 % gaben an, keine Herausforderungen zu empfinden. Mehr als die Hälfte der Kindertagespflegepersonen (54,5 %) hat noch nie eine Fortbildung zum Thema Verpflegung und Ernährungsbildung absolviert. (8)
Einstellungen von Kindertagespflegepersonen zur Ernährung und Gesundheit hat das Forschungsprojekt „Gute gesunde Kindertagespflege“ (GuT) untersucht. Ein Bewusstsein für gesunde Ernährung zeigt sich bei einem Großteil der Kindertagespflegepersonen. Gleichzeitig räumt jede*r fünfte Befragte ein, z. B. ein tägliches Obst- und Gemüseangebot sowie hochwertige und abwechslungsreiche Nahrungsangebote nur teilweise realisieren zu können. In der täglichen Praxis zeigt sich eine Orientierung an den individuellen Bedürfnissen der Kinder. Diese können vollständig oder teilweise entscheiden, was und wie viel sie essen möchten. Weniger selbstverständlich ist dagegen der Einbezug der Kinder in die Zubereitung der Mahlzeiten und in den Lebensmitteleinkauf. Eine*r von fünf Befragten gibt an, dies gar nicht zu tun, ca. jede*r zweite Befragte nutzt diese Möglichkeit alltagsintegrierter Ernährungsbildung. (2)
Wer hilft?
In allen Bundesländern sind Gesundheit und Ernährung als Bildungs- und Betreuungsbereiche der Kindertagesbetreuung relevant. Die Versorgung mit gesunden Mahlzeiten als ein Beitrag zur Gesundheitsförderung wird als eine Aufgabe der Kindertagesbetreuung angesehen, sowohl im Setting Kita als auch in der Kindertagespflege. Als Qualitätskriterium findet sich Ernährung in Qualifizierungskonzepten, Leitfäden und Handreichungen der Länder in unterschiedlicher Intensität wieder.
DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas
Für die Gestaltung eines gesundheitsförderlichen und nachhaltigeren Speiseplans bietet der DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas praktische Hinweise und konkrete Empfehlungen. Wenngleich viele der im Qualitätsstandard geltenden Rahmenbedingungen für die Kindertagespflege nur eingeschränkt oder gar nicht gelten, ist eine Orientierung an den Empfehlungen zur Gestaltung der Verpflegung hilfreich.
DGE-Handlungshilfe zur gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Verpflegung in der Kindertagespflege
Für 2024 plant die DGE die Veröffentlichung eines Handlungsleitfadens, der Kindertagespflegepersonen bei der Gestaltung einer gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Verpflegung unterstützt. Anhand der Prozesskette von Planung, Einkauf, Zubereitung, Ausgabe und Entsorgung stellt die Handlungshilfe wesentliche Kriterien dar und ergänzt diese um ernährungsphysiologische Empfehlungen. Ziel ist es, wissenschaftlich fundierte Informationen mit Praxisbezug für den Alltag der Kindertagespflegepersonen bereitzustellen. Der Handlungsleitfaden enthält außerdem einen Überblick zu weiteren Themen wie Ernährungsbildung oder Hygiene.
Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben
Wie eine bedarfsgerechte Ernährung im Säuglingsalter umsetzbar ist, stellt das Netzwerk Gesund ins Leben in seinen Handlungsempfehlungen zur Ernährung und Bewegung von Säuglingen vor. Das Netzwerk unterstützt Eltern und Fachkräfte mit diesen wissenschaftlich basierten und leicht umsetzbaren Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung von Kindern im Alter von 0-12 Monaten.
Vernetzungsstellen Kitaverpflegung der Länder
Auf Landesebene sind die Vernetzungsstellen Kitaverpflegung für alle Fragen einer gesundheitsförderlichen und nachhaltigeren Verpflegung in der Kindertagesbetreuung die richtigen Ansprechpartner. Die Vernetzungsstellen Kitaverpflegung sind in vierzehn Bundesländern aktiv und kennen die regionalen Anforderungen und Strukturen am besten. In Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen beraten sie außerdem auch zu ernährungsbezogenen Themen in der Kindertagespflege. Als wichtiger Partner der Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung macht das NQZ deren Aktivitäten und Erfahrungen bundesweit transparent.
Hilfestellung durch das NQZ
Auf Bundesebene unterstützt das NQZ die Qualitätsentwicklung in der Kindertagespflege. Ein zentrales Anliegen ist es, vorhandene Maßnahmen zu bündeln, zu koordinieren und weiterzuentwickeln, damit verantwortliche Akteure die passenden Instrumente an die Hand bekommen, um mehr Qualität in der Verpflegung zu realisieren. Interessierte finden Studien, Leitfäden, Handlungsempfehlungen oder Checklisten zur Kindertagespflege in den NQZ-Datenbanken:
Die E-Learning Angebote des NQZ bieten Verantwortlichen aktuelles Wissen und Hilfestellung zu verschiedenen Schwerpunktthemen in kompakter und digitaler Form. Das NQZ veröffentlicht außerdem regelmäßig aktuelle Entwicklungen zur Verpflegung in der Kindertagesbetreuung und in Schulen.
Quellen
- Methfessel B, Höhn K, Miltner-Jürgensen B (2016): Essen und Ernährungsbildung in der Kita. Entwicklung – Versorgung – Bildung. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
- Viernickel S, Ihm M, Böhme M (2019): Forschungsprojekt „Gute gesunde Kindertagespflege. (GuT)". Alice Salomon Hochschule Berlin, Universität Leipzig.
- Nowak et al.: KiESEL – The Children’s Nutrition Survey to Record Food Consumption for the youngest in Germany BMC Nutrition (2022) 8:64
- Kersting M, Hilbig A: Ernährung bei Kleinkindern: Empfehlungen und Ernährungspraxis. Journal für Ernährungsmedizin 2012; 14 (2), 24-29
- Schienkiewitz A. et al. (2018): Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. Journal of Health Monitoring (2018).
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (Hrsg.): 14. DGE-Ernährungsbericht. Vorveröffentlichung Kapitel 3. Studie zur Erhebung von Daten zum Stillen und zur Säuglings-ernährung in Deutschland – SuSe II (2020)
- Schuhegger L, Hundegger V, Lipowski H, Lischke-Eisinger L, Ullrich-Runge, C (Hrsg.) (2019): Qualität in der Kindertagespflege. Qualifizierungshandbuch (QHB) für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern unter drei. (2019)
- Vernetzungsstelle Kitaverpflegung Niedersachsen. Ess-Alltag in der Kindertagespflege: Organisation und Qualität der Verpflegung – zur Situation in Niedersachsen – Ergebnisbericht 2021.
- DAK Kinder- und Jugendreport 2022. Mitteilung zur Adipositasprävalenz versicherter Kinder unter drei Jahren vom 08.11.2023
Arbeitshilfen zum Thema Ernährung
Familienküche - gut geplant
Hilfreiche Tipps für die Mahlzeitenplanung für Eltern und Tagespflegeeltern.
Was koche ich heute? Beispielspeisenplan für U3-Kinder
Ob Frühling, Sommer, Herbst und Winter: Dieser Beispielspeisenplan zeigt Ideen für das Mittagessen rund um´s Jahr für Kinder unter drei Jahren.
Hinweise zum Umgang mit Muttermilch in der Tagespflege
Um das Stillen auch für berufstätige Mütter zu fördern, ist der hygienische Umgang mit abgepumpter Muttermilch in der Kindertagespflege wichtig. Diese Merkblatt erklärt entsprechende Hygienemaßnahmen.