Ernährungsbildung gehört zum Bildungsauftrag von Kindertagesstätten. Damit Kinder ein gesundes und nachhaltiges Essverhalten erlernen können, ist eine pädagogische und strukturelle Rahmensetzung erforderlich.
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Ernährungsbildung im Lern- und Lebensraum Kita
In Deutschland besuchen mehr als zwei Drittel aller Kinder unter 6 Jahren eine Kita und werden dort täglich verpflegt. Kita-Mahlzeiten strukturieren den Tag und sind eng mit sozialem Miteinander verbunden. Die Mahlzeiten vermitteln Esskultur und helfen Kindern, sich an Regeln und Ritualen zu orientieren. Die ernährungsphysiologische Qualität des Essens und die Auswahl der Lebensmittel beeinflusst ihre gesunde körperliche, geistige und soziale Entwicklung entscheidend mit. Kindertageseinrichtungen, die Essen und Trinken in die pädagogische Arbeit einbetten, ermöglichen den Kindern wertvolle Lerngelegenheiten, die ihre Selbständigkeit, Selbstwirksamkeit und ihr Selbstbewusstsein stärken. Das ist bedeutsam, weil sich im Essverhalten die Erfahrungen widerspiegeln, die Kinder mit und beim Essen gemacht haben. Machen Kinder dabei positive Erfahrungen – zuhause und in der Kita –können sie ein günstiges Essverhalten entwickeln, das sie lebenslang beibehalten (1).
Essen findet sowieso statt: Praktische Ernährungsbildung im Alltag
Ernährungsbildung in der Kindertagesbetreuung ist vor allem Alltagshandlung, die sich praktisch in den Tagesablauf integrieren lässt. In der Kita können Kinder Lebensmittel erforschen und erfahren, wie sie schmecken, riechen, sich anfühlen und aussehen. Idealerweise sind die Kinder in die Zubereitung kleinerer Mahlzeiten eingebunden. Auch sehr kleine Kinder können mitmachen, indem sie etwa Löffel anreichen, umrühren oder benötigte Dinge bringen. In diesen Alltagssituationen erwerben Kinder motorische, soziale und kognitive Fertigkeiten. Damit schafft die Kita eine Basis dafür, dass Kinder beim Essen und Trinken so früh wie möglich kompetent sind (2).
Informationen zum Video: Abspieldauer 02:02 Minuten, Video nicht downloadbar, keine Audiodeskription, Untertitel in deutscher Sprache.
Frühkindliche Bildung für nachhaltige Entwicklung
Gesundheitsförderliches und nachhaltiges Handeln lernen
Kinder zu einem gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Lebensstil zu motivieren und zu befähigen, gehört zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. Der „Bildungsort Mahlzeit“ bietet hierfür vielfältige Potenziale, auch mit Blick auf Nachhaltigkeit. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist im frühkindlichen Bildungsbereich besonders wirksam, denn Kinder lernen im frühen Alter wesentliche Grundwerte gesellschaftlichen Zusammenlebens und erfahren, dass ihr Handeln Auswirkung auf das Leben anderer Menschen und die Umwelt hat. Frühkindliche Bildung für nachhaltige Entwicklung zielt darauf ab, Kinder zu verantwortlichem Denken und Handeln zu befähigen und ihnen die dafür notwendigen Kompetenzen zur Kooperation, Partizipation und Selbstorganisation zu vermitteln. (6)
Pädagogische und strukturelle Rahmensetzung
In nur wenigen Bundesländern gibt es evaluierte Konzepte oder konkrete Vorgaben für einen ganzheitlichen Ansatz von Ernährungsbildung. Auch ist Bildung für nachhaltige Entwicklung noch nicht ausreichend in den Orientierungs- und Bildungsplänen der Länder für frühkindliche Bildung verankert (6). Diese nennen zwar Anregungen und Leitlinien, jedoch obliegt die konzeptionelle und praktische Verknüpfung von Kitaverpflegung und Ernährungsbildung den Trägern und einzelnen Einrichtungen. In der Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte ist Ernährungsbildung ein Randthema. Weiterbildungen zum Thema Ernährung betreffen häufig eher Hygiene, Sicherheit und Allergenmanagement (4).
Um den Bildungsauftrag „Gesund und nachhaltig essen lernen“ erfüllen zu können, benötigen pädagogische Fachkräfte bzw. das ganze Kita-Team vielfältige Kompetenzen:
- Kenntnisse zu Ernährungsempfehlungen für Kinder bis Schuleintrittsalter
- Kenntnisse zu Grundlagen der Entwicklung des Essverhaltens
- Kompetenzen in der Mahlzeitengestaltung sowie in der Begleitung von Säuglingen, Kleinkindern und Kindern beim Essen
- Kompetenzen zum Umgang mit herausfordernden Situationen beim Essen
- professionelles Selbstverständnis und Rollenklärung zwischen privat-persönlichen und professionell-pädagogischen Einstellungen zu einer gesundheitsförderlichen Ernährung
- Gestaltung von Bildungsangeboten zum Themenkomplex „Gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung“
Ein gemeinsames Verständnis von Träger und Kita, ernährungsbezogene Bildungsarbeit umzusetzen, ist ein erster wichtiger Schritt. Wenn sich beide über einen ernährungspädagogischen Rahmen verständigen und diesen im Verpflegungs- oder Bildungskonzept festschreiben, ist auf struktureller Ebene eine Basis für Ernährungsbildung geschaffen. Hier können Leitgedanken, Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten etwa zur Elternarbeit, zum Umgang mit Kindern beim Essen, zur Gestaltung der Mahlzeiten bei Festen und Feiern oder zur Zusammenarbeit im Team in Ernährungs- und Verpflegungsfragen festgehalten werden. Auch die Verankerung von Bildungsangeboten zum Thema Essen und Trinken ist Teil eines Verpflegungs- oder Bildungskonzeptes. Mit diesem Konzept kann insgesamt auch eine Rahmensetzung für zeitliche und personelle Ressourcen stattfinden.
Um Kindern den Umgang mit gesundheitsförderlichen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln näher zu bringen, sind darüber hinaus infrastrukturelle Gegebenheiten und organisatorische Strukturen hilfreich. Unter anderem wesentlich sind:
- Räume und Küchentechnik, um Mahlzeiten in der Kita zu- oder aufzubereiten und Kinder vom Säugling altersgerecht zu verpflegen
- Hauswirtschafts- und Küchenpersonal mit Kenntnissen und Kompetenzen bezogen auf das Setting Kita
- ein ausreichendes Zeitbudget sowohl für Küchen- und Hauswirtschaftspersonal als auch für pädagogische Fachkräfte
- die Orientierung an Qualitätsstandards
- regelmäßige Fort- und Weiterbildungsangebote zu Verpflegungsthemen
Der „Bildungsort Mahlzeit“ bietet vielfältige Potenziale, die noch besser ausgeschöpft werden können. Ernährungsbildung gehört zusammen mit der Bereitstellung eines fach- und sachgerecht zubereiteten Mahlzeitenangebotes zu einem Handlungsfeld, für das Professionalität und engagierte Mitarbeitende auf allen Ebenen wichtig sind.
Quellen
- Pudel V: Warum Kinder anders essen, als sie sich ernähren sollten. Das Essverhalten ist emotional gesteuert und kognitiv kaum beeinflussbar. In: TPS –Theorie und Praxis der Sozialpädagogik. Leben, Lernen und Arbeiten in der Kita. S. 10-13 (2008)
- Methfessel B, Höhn K, Miltner-Jürgensen B: Essen und Ernährungsbildung in der KiTa. Entwicklung – Versorgung – Bildung (2016)
- Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berliner Landesprogramm „Kitas bewegen – für die gute gesunde Kita“ (Hrsg.): Referenzrahmen zur Qualitätsentwicklung in der guten gesunden Kita (2013)
- Schlussbericht für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): Ernährungsbezogene Bildungsarbeit in Kitas und Schulen (2019)
- Ecologic Institut gemeinnützige GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Synopse „Ernährungspolitische Strategien zur Förderung pflanzenbasierter Ernährungsweisen in Deutschland“.
- Bundesministerium für Bildung und Forschung: Frühkindliche Bildung für nachhaltige Entwicklung.