Anne Lindemann und Birte Lutterbei bieten mit ihrer Großtagespflegestelle im Tecklenburger Land eine „kleine KiTa im Wald“ an. Auf ausgewogene und nachhaltige Mahlzeiten und ihre kindgerechte Gestaltung legen beide besonderen Wert.
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Seit etwa 20 Jahren hat Anne Lindemann Erfahrung in der Kindertagespflege, die sie von zuhause in eigenen Räumlichkeiten anbietet. Seit Sommer 2024 ist daraus eine Großtagespflegestelle geworden, die sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Birte Lutterbei betreibt. Dafür wurde ein größerer Umbau vorgenommen, um bis zu neun Kinder täglich zu zweit zu betreuen. Bei der Planung war beiden wichtig, das Thema Ernährung angemessen zu berücksichtigen. So gehört zum Beispiel eine offene Küche dazu, damit die Kinder an der Mahlzeitenzubereitung teilhaben können. Anne Lindemann ist selbst ländlich aufgewachsen, täglich frisch gekochte Mahlzeiten mit Gemüse aus dem eigenen Garten waren selbstverständlicher Teil ihrer Kindheit. „Es war für mich ganz normal, dies mit in die Tagespflege zu tragen. Erst durch die Qualifizierung zur Tagesmutter habe ich mich bewusst damit auseinandergesetzt, z. B. zur Bedeutung einer pflanzenbasierten Verpflegung.“ Sie erlebt Eltern heute einerseits interessierter als früher, vielfach aber auch verunsicherter, was die richtige Ernährung ihres Kindes betrifft. „Ich erkläre den Eltern zum Beispiel, warum ich nur noch zweimal in der Woche Fleisch anbiete und warum ich hochverarbeitete Fleischprodukte weitestgehend vermeide.“ Ein abwechslungsreicher und saisonaler Speiseplan mit täglich frisch gekochten Mahlzeiten gehören bei den Landwichteln zum Standard.
Je sicherer ich bin, desto sicherer verläuft auch die Mahlzeit
In der pädagogischen Gestaltung der Mahlzeiten nimmt die Frage, wie Kinder Lust auf neue Lebensmittel bekommen, einen großen Stellenwert ein. „Es gibt Kinder, die vehement Neues verweigern. Ich habe mir lange den Kopf darüber zerbrochen, wie ich diese Kinder zum Probieren motivieren kann. Mittlerweile kann ich das so stehen lassen, ein Kind verhungert hier ja nicht. Ich kann das freundlich begleiten und je sicherer ich bin, desto stressfreier läuft die Mahlzeit ab. Oft sehe ich am nächsten Tag, dass dasselbe Kind gerne probiert.“ Ihre langjährige Erfahrung als Tagesmutter und das Wissen aus Fortbildungen stützen ihre Vorgehensweise. „Zum Glück muss niemand mehr gezwungen werden, etwas zu probieren oder den Teller leer zu essen.“
Sich auf die Bedürfnisse der Kinder einstellen
Frühstück, Mittagessen und Nachmittagssnack bereiten Anne Lindemann und Birte Lutterbei für die Kinder täglich zu. „Morgens fragen wir die Eltern, ob das Kind bereits gefrühstückt hat. Wir erwarten aber nicht, dass das zuhause schon passiert ist. Für uns ist das in Ordnung, dann wissen wir, dass das Kind bei uns noch frühstückt“, so Birte Lutterbei. Kinder mit ihren Bedürfnissen ernst nehmen, das ist den beiden Tagesmüttern wichtig. „Wenn die Kinder morgens ankommen, stehen wir meistens in der Küche und bereiten die Tagesmahlzeiten vor. Das sind schöne Momente, in denen wir zu den Lebensmitteln ins Gespräch kommen. Die Kinder dürfen dann naschen, sie machen erste Probierversuche und sind neugierig. Es wird aber auch mal ausgespuckt, das darf auch sein. Trotzdem gibt es das Gemüse dann in der nächsten Woche wieder. Essen und Trinken wird bei uns gelebt, da dürfen auch kleine Unglücke passieren, das gehört zum Lernen dazu.“
Rundherum Wald und Wiese
Die Großtagespflegestelle liegt mitten im Wald. Birte Lutterbei ist eine große Tierfreundin und deshalb gehören Katzen und Kaninchen zum Haus und zur pädagogischen Arbeit dazu. „Wir binden die Kinder in unsere tägliche Arbeit altersgerecht ein. Sie helfen zum Beispiel mit, die Tiere zu versorgen“, erklärt Birte Lutterbei, die Mutter von drei Kindern ist. Zwei ihrer Kinder wurden von Anne Lindemann als Tagesmutter betreut. So entstand Kontakt, Idee und Motivation, selbst Tagesmutter zu werden. „Die familiennahe und qualifizierte Betreuung hat mich überzeugt, selbst eine Qualifizierung als Tagesmutter zu absolvieren. Mit der Großtagespflege und dem Schwerpunkt Inklusion sowie natur- und tiergestützter Pädagogik ist ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen.“
Frische Zubereitung braucht Zeit
Lebensmittel für die Mahlzeiten werden geliefert oder wöchentlich eingekauft, das meiste in Bio-Qualität. „Natürlich erfordert das Organisationsaufwand, die Kinder in alles einzubeziehen. Wir erklären den Eltern, dass die Mahlzeiten und alles was dazugehört, Teil unserer pädagogischen Arbeit ist“, so Birte Lutterbei. Zwar kann vieles während der Betreuung erledigt werden, doch braucht es auch Engagement außerhalb der Betreuungszeiten. „Wir sind selbstständig – da machen wir uns nichts vor. Wenn die Kinder weg sind, bereiten wir die Mahlzeiten für den nächsten Tag vor.“ Die täglich frische Zubereitung erfordert gute Organisation: „Dafür haben wir ein Grundgerüst eines Speiseplans, damit wir je nach Saison und Verfügbarkeit die Lebensmittel variieren können. Montags gibt es ein Nudelgericht, dienstags Eintopf, mittwochs Bratlinge oder Pfannkuchen, donnerstags gibt es oft ein Fischgericht und am Freitag schauen wir, dass wir die übriggebliebenen Lebensmittel der Woche zum Beispiel für eine Suppe oder einen Auflauf verwenden“, erklärt Anne Lindemann. Die Kosten für die Verpflegung sind in der Sachkostenpauschale enthalten. „Es ist ein Spagat, einerseits das Essen günstig anzubieten und gleichzeitig Qualitätsansprüche umzusetzen.“ Dabei zahlen die Eltern nicht pauschal, sondern für jeden Anwesensheitstag ihres Kindes. „Das heißt, wir stellen ein grundsätzliches Mahlzeitenangebot zur Verfügung, das aber nicht unbedingt jeden Tag von allen Kindern wahrgenommen wird, z. B. wegen Krankheit. Wir haben aber keine Verluste, weil wir die übriggebliebenen Lebensmittel in unseren eigenen Familie verwenden können.“
Pädagogischer Alltag kann so schön sein
Anregungen für ihre pädagogische Arbeit und auch für die gemeinsamen Mahlzeiten bekommen die Tagesmütter auf Fortbildungen, die sie regelmäßig besuchen. Dabei schätzen sie besonders den Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen. „Mit der Großtagespflege ist vieles einfacher zu bewerkstelligen, auch die Zubereitung der Mahlzeiten ist viel entspannter“, freut sich Anne Lindemann. Das nächste Projekt ist schon in Planung. „Wir möchten Fördermittel für ein Projekt zur Hühnerhaltung beantragen, die wir gemeinsam mit den Kindern versorgen. Geplant ist auch ein kindgerechtes Hochbeet, das wir mit den Kindern bewirtschaften können.“
Kontakt
Die Landwichtel - Großtagespflege Anne Lindemann und Birte Lutterbei