Ein Mädchen pustet eine große Seifenblase.
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ALG-II-Regelsätze reichen für Kinderernährung nicht aus

Quelle: pixabay © FotoRieth

Der Arbeitslosengeld-II-Regelsatz für Lebensmittel reicht für fast alle Kinder und Jugendliche nicht aus, um die realen Kosten der Lebensmittelversorgung zu decken. Das ergab eine wissenschaftliche Studie, die die Lebensmittelkosten einer vegetarischen, veganen und omnivoren Kinderernährung berechnete.

Die Studie stellte die Frage in den Mittelpunkt, ob eine nachhaltigere und pflanzenbasierte Ernährung auch für sozial benachteiligte Familien in Deutschland finanzierbar ist. Die vegetarische Ernährungsweise war mit den geringsten Kosten verbunden. Die Kosten für eine vegane und omnivore Ernährung unterschieden sich nicht signifikant. Zusammenfassend erklären die Wissenschaftler*innen der Studie der Universität Bonn, dass der Arbeitslosengeld-II-Regelsatz (ALG-II oder „Hartz IV“) für Lebensmittel unabhängig von der Ernährungsform und trotz zusätzlicher Subventionierung der Mittagsverpflegung in Kindertageseinrichtungen und Schule nicht ausreicht, insbesondere nicht für Jungen ab 10 Jahren.

Lebensmittelkosten auf Basis des Jahres 2021

Die Fachleute berechneten die Lebensmittelkosten anhand von Daten aus Drei-Tage-Verzehr-Wiege-Protokollen von 390 Teilnehmenden im Alter von 6 bis 18 Jahren der VeChi-Youth-Studie (2017 bis 2019) und verglichen diese mit den ALG-II-Regelsätzen (Stand 1. Januar 2022). Für die protokollierten Lebensmittel legten die Wissenschaftler*innen Mindestverkaufspreise aus dem Jahr 2021 zugrunde. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes sind die Lebensmittelpreise im Durchschnitt zwischen August 2021 und August 2022 um etwa 16,6 % gestiegen. Diese sind in den Berechnungen noch nicht berücksichtigt.


So ergeben sich bereits 2021 für fast alle Kinder und Jugendliche Finanzierungsdefizite, die sich auch bei zusätzlicher Subventionierung des Mittagessens in Kita oder Schule zeigen. Die Unterfinanzierung nimmt dabei mit steigendem Alter der Kinder zu, da die Regelsätze die altersspezifische Progression für die Energiezufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht abbilden.

Die höchste negative Abweichung zeigte sich bei vegan ernährten Jungen ab 15 Jahren mit 3,46 Euro pro Tag. Bei omnivor ernährten Jungen der gleichen Altersgruppe beträgt die Finanzierungslücke 3,07 Euro; die vegetarische Ernährungsweise ist zwar die günstigste, weist aber ebenfalls ein Defizit von 2,26 Euro für diese Altersgruppe auf. Lediglich für vegetarisch ernährte Kinder in der Altersgruppe 1 bis < 4 Jahre sowie für omnivor ernährte Mädchen in der Altersgruppe 1 bis < 4 Jahre reichte der ALG-II-Regelsatz für Lebensmittel aus. Weitere Ergebnisse siehe Tabelle.

Empfehlung: Überprüfung der Regelbedarfsermittlung

Die Wissenschaftler*innen betonen, dass die Ergebnisse der Studie die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bekräftigen, die Berechnungsgrundlagen und -methoden der Regelbedarfsermittlung zu überprüfen.

Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geplante Bürgergeld soll die Leistungen nach ALG-II ablösen. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten und danach sukzessive umgesetzt werden. Vorgesehen sind u.a. angemessene und deutlich angehobene Regelsätze.

Quellen

  • Hohoff E, Zahn H, Weder S, Fischer M, Längler A, Michalsen A, Keller M, Alexy U: Food costs for vegetarian, vegan and omnivore child nutrition: is a sustainable diet feasible with Hartz IV? Ernahrungs Umschau 2022; 69(9): 136–40. The English version of this article is available online: DOI: 10.4455/eu.2022.027