Kinder aus bildungsferneren, migrantischen und armutsgefährdeten Familien sind in Kitas unterrepräsentiert. Obwohl die Eltern große Betreuungsbedarfe zeigen, werden ihre Wünsche nach einem Kita-Platz seltener erfüllt. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung zu Kita-Betreuungswünschen von Eltern und tatsächlicher Nutzung in Deutschland.
Die Forschungsfrage zur Analyse des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung (BiB) lautete, inwiefern sich sozioökonomische Unterschiede in der Kita-Nutzung von Kindern unter drei Jahren in den letzten 10 Jahren verringert haben. Die Untersuchung erfolgte vor dem Hintergrund der Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen, Bildungsungleichheiten im Bereich der frühen Bildung abzubauen. Zu diesen Maßnahmen zählt das BiB unter anderem den seit 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr und den Kita-Ausbau im U3-Bereich.
Basis ist Kinderbetreuungsstudie des DJI
Die Autor*innen stützen sich auf Daten der Kinderbetreuungsstudie (KiBS) des Deutschen Jugendinstitutes (DJI) für die Jahre 2013 bis 2020. Die KiBS-Daten sind für Deutschland repräsentativ und umfassen Informationen zu Kita-Betreuungswünschen der Eltern (Bedarf) und der tatsächlichen Kita-Nutzung (Nutzung) von insgesamt etwa 96.000 Kindern unter drei Jahren. Einschränkend merkt das BiB an, dass es sich bei der Interpretation der Daten für das Jahr 2020 um das erste Jahr der Corona-Pandemie handelt, in dem die Kita-Nutzung durch Schließungen rückläufig war, was sich auch auf den Bedarf der Eltern ausgewirkt hat.
Ergebnisse
- Kinder aus armutsgefährdeten Familien sind in Kitas unterrepräsentiert. Diese Kinder weisen deutlich geringere Kita-Nutzungsquoten auf als Kinder aus einkommensstärkeren Familien (2020: 23 % zu 46 %). In beiden Gruppen ist der Bedarf nach einem Kita-Platz zwischen 2013 und 2020 gestiegen, doch ist der ungedeckte Bedarf bei armutsgefährdeten Familien höher: Im Jahr 2020 wiesen knapp 17 % der armutsgefährdeten Familien eine Betreuungslücke auf, bei den einkommensstärkeren Familien waren es 9 %.
- Kita-Bedarfe von Familien mit niedrigerer Bildung werden seltener gedeckt. Demnach liegt im Jahr 2020 eine Lücke zwischen Bedarf und Nutzung in der Gruppe von Eltern mit niedrigerem Bildungsniveau bei knapp 15 %, bei den höher Gebildeten liegt die Lücke bei knapp 10 %.
- Ungedeckte Betreuungsbedarfe bestehen vor allem für Familien, die zu Hause kein Deutsch sprechen. Die Nutzungsquote von Kindern, die zu Hause hauptsächlich kein Deutsch sprechen, hat im betrachteten Zeitraum zwar zugenommen, liegt aber 2020 mit 24 % deutlich hinter der Quote von Kindern, die zu Hause hauptsächlich Deutsch sprechen (38 %). Dabei unterscheiden sich die von Eltern geäußerten Bedarfe nach einem Kita-Platz zwischen den Gruppen kaum. Familien, die zu Hause kein Deutsch sprechen, äußern in einzelnen Jahren sogar einen geringfügig höheren Bedarf als andere Familien.
Teilhabechancen hängen stark vom sozio-ökonomischem Hintergrund der Kinder ab
In ihrem Fazit halten die Autor*innen fest, dass es trotz vielfältiger Ausbaubemühungen im U3-Kita-Bereich noch immer große Unterschiede in der Kita-Nutzung gibt. Teilhabechancen seien stark vom sozioökonomischen Hintergrund und vom Migrationshintergrund der Kinder abhängig. Kinder aus bildungsferneren Elternhäusern, aus armutsgefährdeten Haushalten und aus Familien, die zu Hause hauptsächlich kein Deutsch sprechen, hätten nach wie vor geringere Chancen, an einer frühen Bildung und Betreuung in der Kindertagesbetreuung teilzunehmen. Dabei sei hervorzuheben, dass der Betreuungswunsch dieser Familien deutlich über der Kita-Nutzung liege, und ungedeckte Bedarfe gerade dort stark ausgeprägt seien, wo Kinder besonders von einem frühen Kita-Besuch profitieren könnten.
Kitaverpflegung: Inanspruchnahme für armutsgefährdete Kinder besonders relevant
Zudem sind es gerade armutsgefährdete Familien, die auf die Verpflegung ihrer Kinder in der Kita angewiesen sind, denn für diese Familien besteht vielfach kein finanzieller Spielraum für eine gesundheitsförderliche Ernährung zuhause. Ist der Zugang zur Kindertagesbetreuung für diese Familien erschwert, fehlt auch eine sichere tägliche warme Mittagsmahlzeit – Ernährungsarmut verstärkt sich, das Risiko für Fehl- und Mangelernährung steigt. Gleiche Teilhabechancen an der Betreuung bedeuten daher bessere Bildungschancen sowie Prävention und Gesundheitsförderung.
Lesenwertes zur News
Quellen
- Pressemitteilung des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung Nr. 02/2023 vom 10.03.2023. Weiterhin Ungleichheiten bei der Kita-Nutzung
- Kinderbetreuungsstudie des Deutschen Jugendinstitutes (DJI)