Der aktuelle Armutsbericht des Paritätischen zeigt für das Pandemie-Jahr 2021 einen Höchststand der Armutsquote in Deutschland von fast 17 %. Deutlich überdurchschnittlich betroffen sind Kinder und Jugendliche.
Insgesamt sind 13,8 Millionen Menschen in Deutschland derzeit von Armut betroffen, das sind 300.000 mehr als im Vorjahr und 600.000 Menschen mehr als vor der Pandemie. Die Armut unter Kindern und Jugendlichen hat mit 20,8 % genau wie die Armut allgemein eine neue Rekordmarke erreicht. Damit spiegele sich in der längerfristigen Betrachtung beginnend mit dem Jahr 2006 ein fast ungebrochener Trend zunehmender Armut in Deutschland wider, erklärt der Paritätische. Nach wie vor zeigten Haushalte mit drei oder mehr Kindern sowie Alleinerziehenden-Haushalte die höchste Armutsbetroffenheit aller Haushalte. Erwerbslose und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen sowie Migrationshintergrund seien ebenfalls stark überproportional betroffen.
Aktuelle Inflation kann Lage verschärfen
Während 2020 noch verschiedene Schutzschilde und Sofortmaßnahmen der Bundesregierung und der Länder dafür sorgten, dass die Armut nur relativ moderat anstieg, seien die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie 2021 voll auf die Armutsentwicklung durchgeschlagen, so die Autor*innen der Studie. Angesichts der aktuellen Inflation rechnet der Paritätische Wohlfahrtsverband mit einer Verschärfung der Lage.
Kita- und Schulmahlzeiten können Folgen von Armut abfedern
Das NQZ lenkt den Blick in diesem Zusammenhang auf das hohe Präventionspotential von Kita- und Schulmahlzeiten. Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in den Settings Kindertagesbetreuung und Schule tragen zur gleichberechtigten Teilhabe, zur Chancengleichheit sowie zur Linderung von Armutsfolgen bei. Kita- und Schulverpflegung wirkt zudem präventiv, wenn sie sich an gesundheitsförderlichen Qualitätskriterien orientiert. In Kita und Schule hat grundsätzlich jedes Kind Zugang zu den Mahlzeiten. Kinder und Jugendliche, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Sozialhilfe erhalten oder deren Eltern den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, haben Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabegesetz; sie können nach Beantragung kostenlos am Mittagessen teilnehmen. Damit ermöglicht die Verpflegung soziale Teilhabe auch für Kinder aus armutsgefährdeten und armutsbetroffenen Familien.
Mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen ab 2026 und dem Auf- und Ausbau von Ganztagsangeboten insgesamt wird diese Bedeutung weiter wachsen. Gerade in Grundschulen zeigen sich im Vergleich zu weiterführenden Schulen bereits jetzt höhere Teilnahmequoten am Mittagessen. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Bereitstellung von gesundheitsförderlichen Kita- und Schulmahlzeiten bei anstehenden Investitionen von vorneherein mitgedacht wird.
Hintergrund: Relative Einkommensarmut
Der Armutsbericht des Paritätischen folgt zur Definition und Berechnung von Armut einer EU-Konvention. In Abkehr von einem sogenannten absoluten Armutsbegriff, der Armut an existenziellen Notlagen wie Obdachlosigkeit oder Nahrungsmangel festmacht, ist der Armutsbegriff der EU relativ. Arm sind demnach alle, die über so geringe Mittel verfügen, „dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist“, wie es im Kommissionsbericht heißt. Der Armutsbericht des Paritätischen definiert demnach jede Person als einkommensarm, die mit ihrem Einkommen unter 60 % des mittleren Einkommens liegt. Dabei handelt es sich um das gesamte Nettoeinkommen des Haushaltes inklusive Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, anderer Transferleistungen oder sonstiger Zuwendungen.
Quelle und weiterführende Informationen
- Pressemeldung Der Paritätische Gesamtverband vom 28. Juni 2022: Zwischen Pandemie und Inflation: Paritätischer stellt Bericht zur Armut in Deutschland vor.
- Paritätischer Armutsbericht
- Das NQZ-Informationsportal mit Zahlen & Fakten zur Ernährung in der Kindertagespflege, Kita und Schule