Kinder mögen auch Speisen mit weniger Salz, Zucker und Fett gern. Das zeigt ein Projekt der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Mehr Akzeptanz für optimierte Kita-Mahlzeiten ist eher bei Erwachsenen gefragt.
Um den Salz-, Fett- und Zuckergehalt in Kitamahlzeiten zu optimieren, haben Wissenschaftler*innen der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in Zusammenarbeit mit einem Stuttgarter Speisenanbieter die Rezeptur einer typischen Kita-Mittagsmahlzeit überarbeitet. Optimiert wurde die Rezeptur für ein Hauptgericht bestehend aus Nudeln, Gemüsebolognese, Gurkensalat sowie ein Dessert (Vanillepudding). Im Zentrum stand die Frage, ob Kinder nährwertoptimierte Speisen, deren Zucker-, Salz- und Fettqualität den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entsprechen, mögen und akzeptieren.
Hochverarbeitete Lebensmittel in der Kitaverpflegung: Zu viel Salz, Fett und Zucker
Das Vorhaben war Teil des Verbundprojekts Start Low, mit der sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Hochschule Albstadt-Sigmaringen und das Unternehmen Pro Care Management die Optimierung von Kitamahlzeiten zum Ziel gesetzt haben. In einem ersten Teilschritt hatten die Wissenschaftler*innen hochverarbeitete Produkte (z. B. verzehrfertige Desserts oder Dressings, regenerierfertige Fleischprodukte wie Chicken Nuggets) in den Blick genommen, die üblicherweise in der Kitaverpflegung zum Einsatz kommen. Hier zeigte sich, dass diese Convenience-Produkte zu einem hohen Eintrag von Salz, Zucker und gesättigten Fettsäuren in der Kitaverpflegung beitragen. Im Durchschnitt lagen die Gehalte mit 300 %, 150 % bzw. 118 % deutlich über den jeweils empfohlenen Gehalten.
Zentrale Ergebnisse der Akzeptanztests und Verhaltensanalysen
Mit der neuen Rezeptur führten die Wissenschaftler*innen mit 57 Kindern im Alter von 4 bis 6 Jahren in sechs Kindertagesstätten Akzeptanztests und Verhaltensanalysen durch.
- Bei den Nudeln konnte eine Reduktion des Salzgehaltes um 100 % durch Zubereitung im Kochwasser ohne zusätzliche Salzzugabe erreicht werden. Die ohne Salz gekochten Nudeln machten in der Akzeptanz der Kinder keinen Unterschied.
- Durch den Austausch hoch verarbeiteter Produkte mit ungünstigem Nährwertprofil durch möglichst unverarbeitete Lebensmittel konnte die Gemüsebolognese mit 84 % weniger Salz und 34 % weniger Zucker produziert werden.
- Gerade Dressings enthalten häufig hohe Gehalte an Salz, Zucker und Fett. Als optimierte Beilage boten die Fachleute den Kindern daher Gemüserohkost in Scheibenform ohne Dressing an. Hierdurch konnten 99 % Salz, 71 % Zucker und 100 % Fett reduziert werden.
- Zur Akzeptanzoptimierung wandten die Wissenschaftler*innen unterschiedliche Nudging-Maßnahmen an. So wurde den Kindern etwa farblich sortierte Gemüserohkost in bestimmten Schnittformen angeboten. Dadurch stieg der Gemüseverzehr pro Kind deutlich. In Gegenüberstellung zu der normalerweise kalkulierten Portionsgröße von 80 g pro Kind konnte der Verzehr auf ca. 150 g gesteigert und damit nahezu verdoppelt werden.
- Der Austausch des verzehrfertigen Desserts durch Eigenproduktion unter Verwendung eines heiß anzurührenden Puddingprodukts eröffnete dem Speisenanbieter die Möglichkeit, die Zuckerzufuhr individuell zu steuern. Hierdurch konnte in der optimierten Dessert-Variante 40 % Zucker eingespart werden.
- Die Befragung der Kinder zeigte, dass über alle Menükomponenten hinweg eine Reduzierung von Salz, Zucker und Fett möglich ist, ohne die Akzeptanz der Kinder zu beeinträchtigen.
Stark gesüßte oder gesalzene Speisen reduzieren Geschmacksempfindlichkeit
Das Geschmacksempfinden von Erwachsenen unterscheidet sich erheblich von dem der Kinder. Im Vergleich: Kinder haben etwa doppelt so viele Geschmacksknospen wie Erwachsene und können daher auch feine Geschmacksnuancen wahrnehmen, erklärt Professorin Dr. Andrea Maier-Nöth, Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Bei der Zubereitung von Speisen gelte es daher, in besonderem Maße diese verstärkte Geschmackswahrnehmung von Kindern zu berücksichtigen und insbesondere Salz und Zucker sparsam oder gar nicht zu verwenden. Ein regelmäßiger Konsum stark gesüßter oder gesalzener Speisen reduziert die Geschmacksempfindlichkeit und erhöht Gewöhnungseffekte, erklärt die Expertin.
Handwerklich produzierte Speisen bieten großes Potenzial
In der Kitaverpflegung haben Auswahl und Zusammensetzung der Speisen einen bedeutsamen Anteil an Gesundheitsförderung und Geschmacksprägung, resümiert Professorin Dr. Astrid Christina Klingshirn von der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.
Produktauswahl entscheidend – Vergleichbarkeit ermöglichen
Hochverarbeitete Produkte finden auch in der Kitaverpflegung Anwendung und sind in der Speisenproduktion nicht gänzlich zu vermeiden. Entscheidend ist die Produktauswahl, so Prof. Dr. Klingshirn, da Unterscheide in der Nährwertzusammensetzung erheblich sein können. Der Projektpartner Pro Care Management GmbH baut derzeit ein Warenwirtschaftssystem so aus, dass neben der Zutatenliste auch die Vergleichbarkeit ähnlicher Produkte hinsichtlich des Nährwertprofils mit Fokus auf Zucker, Salz und Fett möglich wird. Damit soll für Speisenanbieter die nährwertoptimierte Wahl zur leichteren Wahl werden. Unterstützungsmaßnahmen zur Optimierung von Kitamahlzeiten werden außerdem in einem Handlungsleitfaden zusammengefasst und veröffentlicht.
Lesenswertes zur News
Quellen
- GV Praxis vom 18.08.2023: Gesünder kochen für Schulen und Kitas
- Gespräch mit Professorin Dr. Astrid Christina Klingshirn, Hochschule Albstadt-Sigmaringen vom 28.08.2023