Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat das Deutsche Institut für Urbanistik eine Halbzeitbilanz zum Stand der Umsetzung der Agenda 2030 in deutschen Kommunen erstellt. Zwar zeigen sich erhebliche Fortschritte, doch reicht das kommunale Engagement noch nicht aus, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Auch die Transformation der Ernährungssysteme war Teil der Studie.
In vielen Kommunen fehlt es nach wie vor an einer Gesamtstrategie für zentrale Nachhaltigkeitsaktivitäten, einer Verknüpfung dieser Strategie mit der Haushaltsplanung sowie einem kontinuierlichen Monitoring, so das Fazit des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu). Um die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2023 zu erreichen, hält das Difu eine massive Steigerung der Anstrengungen in den Kommunen und eine Flankierung und Unterstützung durch Bund und Länder für notwendig. In der Halbzeitbilanz ziehen auch die Kommunalen Spitzenverbände ein Zwischenfazit.
Drei Studien-Bausteine: Kommunalbefragung, Datenanalyse, Fallbeispiele
Das Difu initiierte eine Kommunalbefragung zum wahrgenommenen Stand der Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung. Kommunale Verantwortliche waren eingeladen, eine Einschätzung anhand eines Online-Fragebogens vorzunehmen. Die Stichprobe lag bei 175 Kommunen, die Befragung fand im September/Oktober 2022 statt. Die teilnehmenden Kommunen repräsentieren etwa 9 % der deutschen Bevölkerung. Ergänzend führte das Difu eine Datenanalyse entlang der sechs Transformationsbereiche (TB) der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung durch.
- TB1: Menschliches Wohlbefinden und Fähigkeiten, soziale Gerechtigkeit
- TB2: Energiewende und Klimaschutz
- TB3: Kreislaufwirtschaft
- TB4: Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende
- TB5: Nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme
- TB6: Schadstofffreie Umwelt
Der dritte Baustein der Studie beinhaltete eine vertiefende Analyse ausgewählter Fallbeispiele.
Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme: Geringe Relevanz in den Kommunen
Der Transformationsbereich 5 steht für eine „ausreichende Versorgung mit einer Vielfalt an sicheren, erschwinglichen Lebensmitteln sowie eine gesundheitsförderliche Ernährung für alle Menschen weltweit“. Gleichzeitig sollen Umwelt- und Klimaschutz gewährleistet sein, die Haltung von Nutztieren verbessert, die Rechte von Erzeuger*innen geachtet und ihre Arbeits- und Lebensbedingungen verbessert werden.
- Der Stellenwert des Transformationsbereichs ist laut Kommunalbefragung gering. Etwa 70 % der Kommunen geben an, in diesem Bereich „weniger aktiv“ oder „gar nicht aktiv“ zu sein und dies auch kurz- und mittelfristig zu bleiben. Im Vergleich mit allen anderen Transformationsbereichen wird dieser Bereich von den Kommunen mit der niedrigsten Bedeutung bewertet.
- Fallbeispiel Schulverpflegung: Das im Difu-Projektbericht geschilderte Fallbeispiel der Landeshauptstadt Stuttgart zu einer abfallarmen Schulverpflegung im Rahmen eines Projektes ist dem Transformationsbereich Kreislaufwirtschaft zugeordnet. Neben der Abfallvermeidung durch die Verringerung von Einwegprodukten legt die Stadt in diesem Projekt auch Wert auf die Verwendung von biologischen, saisonalen und regionalen Produkten.
Zwischenfazit der kommunalen Spitzenverbände zur Halbzeit der Umsetzung der Agenda 2030
Bei der Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele komme den Kommunen eine grundlegende Verantwortung zu, so der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund. Das Bewusstsein einer globalen Verantwortung sei in den Kommunen in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen, dennoch sei nicht gesichert, dass diese Fortschritte ausreichten, die Ziele bis 2030 umfassend zu erreichen. Angesichts großer Herausforderungen und der Kürze der verbleibenden Zeit bestehe eine hohe Dringlichkeit, die Umsetzung der SDGs auf kommunaler Ebene voranzutreiben.
Nachhaltige Kita- und Schulverpflegung ist wirksamer Hebel
In kommunalen Veränderungsprozessen zu mehr Nachhaltigkeit spielt die Gemeinschaftsverpflegung unter anderem in Kitas und Schulen eine herausragende Rolle. Es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass eine Erhöhung des Anteils pflanzlicher Produkte bei gleichzeitiger Verringerung des Anteils tierischer Produkte in Verpflegungsangeboten einer der wirkungsvollsten Maßnahmen ist, Ernährungssysteme und Ernährungsstile nachhaltiger zu gestalten. Diese Maßnahmen dienen gleichzeitig der Prävention und dem Gesundheitsschutz von Kindern und Jugendlichen.
Darüber hinaus stärkt die Verwendung regionaler und ökologisch produzierter Lebensmittel in der Gemeinschaftsverpflegung lokale Wertschöpfungsketten. Die nachhaltige Gestaltung der Kita- und Schulverpflegung auf kommunaler Ebene ist daher ein zentraler Hebel für eine Transformation der Ernährungssysteme.
Lesenswertes zur News
Quellen
- Bertelsmann Stiftung: Wie deutsche Kommunen ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen können.
- Projektbericht zur Halbzeitbilanz zur Umsetzung der Agenda 2023 in deutschen Kommunen